Naturschutzgebiet in einem Verdichtungsraum
Lage
Karte: Stadt Herne
Der Voßnacken ist Hernes ältestes Naturschutzgebiet (NSG). Es befindet sich zwischen den beiden ehemaligen Zechen "Mont-Cenis" und "Friedrich der Große". Mit dem Beschluss des Landschaftsplanes für die Stadt Herne erfolgte die Schutzgebietsausweisung 1990. Die Idee geht auf die Aktivitäten der ehrenamtlichen Naturschutzverbände zurück und auf die damals schon vergleichsweise aufgeschlossene Untere Landschaftsbehörde. Hintergrund dürften in erster Linie der Amphiebienreichtum, insbesondere der große Erdkrötenbestand, gewesen sein. Hinzu kommt die einzigartige Vegetation der sog. Orchideenwiese und des Regenbogenwäldchens, einem seltenen Eschen-Erlen-Bruchwald, und in den trockeneren Bereichen eines alten Buchenwalds mit hohem, wertvollem Totholzanteil.
Früher war der Voßnacken Sumpfgebiet. Deshalb ist es auch heute noch verboten, die unwegsamen und sumpfigen Gebiete des Voßnackens alleine zu besuchen. Für diejenigen, die dieser Bereich trotzdem interessiert: mit Führung ist ein Besuch dorthin erlaubt. Gleich am Eingang wird man auch auf die strengen Verhaltensregeln aufmerksam gemacht. Wie wertvoll der Voßnacken ist, lässt sich schon gleich hier an der hohen Geldstrafe für widerrechtliches Handeln erkennen: 50.000 Euro.
Foto: G. Dudda (4/2004)
Entstehung
(aus: Bergschäden im Ruhrgebiet, hg. von der Landesbildstelle Westfalen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, Münster 1985, Abb. 5)
Bild 1 zeigt die ungestörten oberflächennahen Schichten: Das Oberflächenwasser staut sich über einer undurchlässigen Schicht (Grundwassersohle), tritt übertage aber nicht in Erscheinung (Grundwasserspiegel).
Bild 2a beschreibt eine Senkungsmulde, die durch den Abbau der Kohle und das nachfolgende Einstürzen der Hohlräume untertage entstanden ist (Bergsenkung). Die Senkungsbeträge erreichen im Ruhrgebiet bis zu 20 Meter. Das Wasser sammelt sich am tiefsten Punkt der Mulde und bildet ein abflussloses Gewässer, wie es am Vossnacken zu finden ist. Wenn die abgesenkten Flächen bebaut oder landwirtschaftlich weiter genutzt werden sollen, müssen diese durch ständiges Pumpen trocken gehalten werden. Dies wird in der dicht besiedelten Emscherzone großflächig getan, da das aufgestaute Wasser keinen natürlichen Abfluss mehr zur Emscher hat. Die Emscher ihrerseits musste eingedeicht werden, damit sie auf ihrem ursprünglichen, jetzt aber höheren Niveau zu ihrer Umgebung ihr natürliches Gefälle zum Rhein beibehalten kann. Ähnliches gilt für den Rhein-Herne-Kanal und seine Schleusen (Punkt 14 HERNE).
Aber nicht alle Bergsenkungsflächen wurden trockengelegt. Bei sinkender Bevölkerung, unrentabler Landwirtschaft und dem steigenden Bedürfnis der Bevölkerung nach siedlungsnahen Erholungsräumen bot sich an, diese Flächen der Natur zu überlassen und als Naturschutzgebiete auszuweisen.
Im Bild 2b finden wir eine trockene Senkungsmulde. Da die Grundwassersohle aus klüftigem Gestein besteht, kommt es nicht zu einem Wasserstau, denn das Wasser kann in die Tiefe abfließen.
Das Naturschutzgebiet (NSG)
Foto: G. Dudda (4/2004)
Der Voßnacken bietet früher wie heute Rückzugsmöglichkeiten für seltene Tier- und Pflanzenarten. Anfang der 90er Jahre hat man angrenzende Flächen wie Äcker mit in das NSG einbezogen. Als diese dann nicht mehr genutzt wurden, entwickelten sich dort bald Hochstauden wie die Goldrute und ein paar Jahre später kamen schon ohne menschliches Eingreifen die ersten Bäume und Sträucher zum Vorschein.
Doch kein NSG im Ruhrgebiet entgeht den Einwirkungen des Bergbaus. Durch den Steinkohleabbau sank ein Teil des Gebietes unter den Grundwasserspiegel und ein so genannter "Bergsenkungssee" (s.o.) entstand, woraus sich schließlich dann der Weiher entwickelte. Er gilt als bedeutendstes Gewässer zum Laichen für Amphibien. So hat die Erdkröte hier eine ihrer größten Populationen im östlichen Ruhrgebiet.
Am See
Foto links: G. Dudda (4/2004) , Foto rechts: E. Wührl (4/2004) |
Die Stillgewässerzone bietet Lebensraum für Flora und Fauna. Erlen und Weiden bilden die äußere Grenze, dort sind vor allem Insekten zu finden. In der Röhrichtzone am Ufer nisten und brüten interessante Vögel. So finden hier beispielsweise der Teichrohrsänger und der Graureiher Nahrung und Entenvögeln bietet dieses Gebiet Unterschlupf. Die Schwimm- und Tauchpflanzenzone hat die höchste Strukturvielfalt und den größten Artenreichtum. Frösche und Libellen nutzen Pflanzenteile, die aus dem Wasser ragen, als Ruheplatz. Unter Wasser findet man an den Pflanzen Schnecken und Insektenlarven. Die Molche legen ihre Eier an den Tauchpflanzen ab.
Von 57 registrierten Vogelarten, die hier im Voßnacken brüten, werden 8 landesweit als gefährdet eingestuft, was wieder deutlich für die große Bedeutung des Voßnackens spricht.
Ein Spaziergang außerhalb der Wegeführung führt in sumpfiges Gelände
Foto: E. Wührl (4/2004)
Die Obstwiese ist ein hervorragender Ort für Tiere. Allein an einem Baum können über 3.000 verschiedene Tierarten zu Hause sein. So kann man an den Wurzeln Spitz- und Feldmäuse finden, an der Borke sind Insekten und Spinnen zu Hause. Das Holz ist der Entwicklungsraum für Laven von Holzwespen und Holzkäfern und bietet außerdem Brut- und Aufenthaltsplätze für z. B. Steinkauze, Gartenschläfer, Fledermäuse oder Spechte. In den Zweigen nisten die Singvögel. Die Blüten und Früchte sind Nahrung für Vögel und Insekten. Leider wurden die Obstwiesen in den letzten Jahrzehnten viel zu häufig für landwirtschaftliche Zwecke abgeholzt.
Der Baumbestand
Foto: E. Wührl (4/2000)
Ansprechpartner für Führungen:
Biologische Station östliches Ruhrgebiet
Vinckestraße 91, 44623 Herne
Tel: 02323 55541
Homepage: www.biostation-ruhr-ost.de
Anfahrt mit
- | dem ÖPNV: von Herne Bf mit dem Bus 303 Richtung Börnig bis Voßnacken |
- | dem PkW: A42 (Emscherschnellweg), Ausfahrt Herne Börnig, dann Richtung Sodingen, rechts in die Castroper Str., rechts in den Voßnacken |
Literaturnachweis:
- Broschüre "Biologische Station östliches Ruhrgebiet - Naturschutz im Ballungsraum - Der Voßnacken (Herne Börnig)
- Tafeln: Obstwiese, Stillgewässer
Autorin:
Sarah Grabke (HBF 02)