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Bericht über die Tagung der Ärzte-Initiative Raucherhilfe e. V. (AIR) und der Deutschen Gesellschaft für Nikotinforschung (DGNF) zum Thema „Rauchen und Gesundheit“ vom 26. und 27. September 2008 in der Kongresshalle Gießen

Diese 2-tägige Konferenz unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. med. Hans-Ulrich Klör (DGNF und AIR), Medizinische Klinik und Poliklinik III Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, begann mit der Fortbildung der Ärzte-Initiative Raucherhilfe (AIR) zum Thema „Tabakentwöhnung in der Arztpraxis“. Auf der darauf folgenden Tagung zu „Rauchen und Gesundheit, stellten Experten Möglichkeiten der Tabakentwöhnung für KHK-Patienten und die Folgen langjähriger Tabakabhängigkeit vor. Beide Veranstaltungen waren als ärztliche Fortbildung der Landesärztekammer Hessen anerkannt. 

Die Leitung der Fortbildungsveranstaltung „Tabakentwöhnung in der Arztpraxis“, oblag Dr. med. Dieter Geyer, Fachklinik Fredeburg. Der Referent, Dr. phil. Dipl. Clements Veltrup, Therapieverbund Ostsee, vertreten durch die Dipl.-Psychologin, Dr. Janina M. Grothues, die das in den USA entwickelte „Transtheoretische Modell“ vorstellte.

Einführend verwies Dr. Geyer auf die Bedeutung des Rauchens für die Gesundheit und die Chancen des Arztes den Raucher durch Motivation zum Rauchstopp und zur Entwöhnung zu veranlassen. Grundsätzlich stellten sich für den Arzt, im Rahmen der Rauchertherapie, gleich mehrere Probleme, da die meisten Manuale Gruppentherapien seien. Daher sei es hilfreich, die Mitarbeiter der Praxis in dieses Modell zu involvieren. Etwa 6 bis 9 Millionen Raucher in Deutschland würden als tabakabhängig bezeichnet (Jahrbuch 2001) Den Ärzten kämen folglich in der Motivation zum Rauchstopp in der Raucherentwöhnung die Schlüsselrolle zu. Die Diagnose einer Tabakabhängigkeit könne nach ICD-10 gestellt werden.

Die Motivationsphase, des transtheoretischen Modells aus den USA (siehe Tabacos Studie Rumpf, Meyer, Hopke, Dilling & John 1998 – Gesundheitswesen 60), so erläuterte die Dipl.-Psychologin, Frau Dr. Grothues, basiere auf der Verhaltensänderung mit Stadien der Absichtslosigkeit, der Absichtsbildung, der Verarbeitung von Informationen und der Aufrechterhaltung, um einen Rückfall zu verhindern. Leider könne das Stadium der Absichtslosigkeit ewig dauern. Hilfreich sei daher die Entscheidungswaage mit Nutzen und Schaden des Verhaltens mit angenehmen und unangenehmen Fakten, die dem Patienten auf den Vorteil der Verhaltensänderung verwies. Ziel dieser personenzentrierten, direktiven Methode der Kommunikation sei die intrinsische Methode der Motivationsänderung. Die Pfeiler auf der die ganze Methode fuße, bestünden aus vier Prinzipien. Nämlich: 1. Empathie zeigen, 2. Diskrepanz entwickeln, 3. mit dem Widerstand arbeiten, 4. den Glauben des Rauchers an die eigene Fähigkeit zu fördern. Aktives Zuhören sei genau so wichtig, wie, offene Fragen zu stellen, die Antworten aufzugreifen, zu bestätigen und Verständnis zu zeigen. Die regelmäßige Zusammenfassung am Ende des Beratungsgesprächs diene der Strukturierung zu Gesprächsblöcken und der Selektion der Besorgnis, der auftauchenden Ambivalenz und der anschließenden Änderung der Motivation. Die Selbstbewertung anhand einer Skala von 1 – 10, hülfe dem Patienten seinen IST-Status und seine Verhaltensänderung selbst zu erkennen. Empfehlenswert sei, keinen Druck ausüben, da das „Über-ICH“ des Rauchers bestraft werden will.

Die Techniken der Motivierenden Gesprächsführung verliefen in 6 Schritten in einem Zeitraum zwischen 4 – 6 Wochen. Frau Dr. Grothues betonte, dass Patienten mit schwerer Komorbidität, z. B. weiteren akut substanzbezogenen Störungen, fachärztlich behandlungsbedürftige Depression oder schizophrene Psychose, emotional-instabile und diessoziale Persönlichkeitsstörungen, auch Patienten mit schweren Essstörungen wie Anorexia nervosa oder ausgeprägten Bulimia nervosa, für diese Therapie nicht geeignet seien. Ziel sei es vielmehr, den angeborenen Korrekturreflex im Menschen zu stabilisieren, wobei es nicht darum ginge, dem Raucher eine realistische Lebensweise aufzuzwingen, sondern um „Motivationales Interviewing“, das die Zusammenarbeit und die Bereitschaft des Patienten erfordere. Daher dürfe man nicht zuviel Druck ausüben, sondern müsse den Patienten ermuntern, für sich und seine Gesundheit selbst zu sorgen. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf einen Ausspruch von Blaise Pascal: „Menschen lassen sich in der Regel besser von jenen Gründen überzeugen, die sie selbst entdeckt haben, als von solchen, die anderen in den Sinn gekommen sind.“ Die motivierende Gesprächsführung der Raucherberatung unterstütze die potentiellen Ressourcen eines abhängigen Rauchers, der Nichtraucher werden will. Ziel sei es, anhand der Erfolgskontrolle zu ermitteln, wie weit der Patient selbst seine Abstinenzzuversicht einschätze und ob er weiter mögliche Unterstützung im Rahmen der Pharmakotherapie benötige. 

Dr. Geyer, Fachklinik Fredeburg stellte am Nachmittag unterstützende Materialien des Modells der motivierenden Gesprächsführung vor. Dazu gehörten der Patientenfragebogen, der Fagerström-Test, Diagnostische Kriterien ICD 10 Tabakabhängigkeit, der Dokumentationsbogen, das Rauchertagebuch, die Abstinenzvereinbarung, der Fragebogen zur Entzugssympthomatik und der Algorithmus der Pharmakotherapie mit Nikotinersatzpräparaten. Dieses Modell, so Dr. Geyer, sei kompatibel mit dem Weiterbildungs-Curriculum „Tabakentwöhnung“ herausgegeben von der Bundesärztekammer, in Zusammenarbeit mit u. a. Prof. Dr. Batra, 15. Oktober 2008 in NRW – Nordrheinische Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung.

Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. med. Bernd Wüsten, Klinik am Südpark, Bad Nauheim, wurde u. a. am 2. Tag der Tagung das Thema „Möglichkeiten der Tabakentwöhnung für KHK Patienten“ behandelt. Prof. Dr. rer. med. Dipl.-Psych. Jochen Jordan, Klinik für Psychokardiologie, Bad Nauheim, forderte, die Nikotinsucht, bzw. Tabakabhängigkeit, als Krankheit anzuerkennen und die finanziellen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, da Raucher massiv Krankheiten erlitten, von denen Nichtraucher weniger betroffen seien. Daher stürben in der Regel Raucher 15 Jahre vor dem Nichtraucher, das bedeute jährlich über 17 Milliarden Euro Krankenkosten, die durch das Rauchen verursacht würden. Hingegen scheiterten weniger als 20 % der Raucher an der Raucherentwöhnung mit Medizinern. Ziel müsse es sein, vom Stigma Sucht wegzukommen und die Tabakerkrankung als Krankheit anzuerkennen.

Hierzu erklärte Prof. Klör, Gießen, dass sich die Problematik der Raucher bei zunehmend 20 Mio. Rauchern, besondern in den jüngeren Jahren, sich eher verstärke. Man sollte daher dem englischen Vorbild mit der sehr vernünftigen Denkweise, möglichst nahe kommen. Um die Politiker darauf aufmerksam zu machen, dass Tabaksucht keineswegs Livestyle, sondern ein sehr ernstes Thema ist, fände die nächste Veranstaltung der AIR mit der DGNF im kommenden Jahr in Berlin statt. Die heutige Tagung sei ein Seminar, deren Themen mit Bedacht ausgewählt wurden, um den Bezug zur Praxis herzustellen. Die Tabakindustrie verlagere im übrigen ihre Aktivitäten auf Asien, weil es dort keine störenden Aktivitäten gäbe. Daher stellte sich auch die Frage, was mit dem Oraltabak, der keineswegs so harmlos sei, wie man glaube.

Prof. Dr. Hahmann, Wahlburg-Kliniken, Isny-Neutrachburg, gab der Freude Ausdruck, dass das Thema Rauchen in Verbindung mit koronarer Herzkrankheit erörtert würde. Er sei der Ansicht, dass darüber viel zu wenig gesprochen würde. Und Prof. Dr. Jordan, Klinik f. Psychokardiologie stellte die Frage, was man man kranken Menschen, die sich das Rauchen abgewöhnen müssen, anbieten und was nicht. Die zentrale Datenlage sei die, dass es zwar exellentes Wissen gäbe, aber bisher deprimierende Aussichten. Sinnvoll seien: 1. Communiti Interventions (stadtteilbezogene Raucheraufklärung), 2. Eigeninitiative fördern, 3. Quitt and Winn-Programme, 4. Nursing Intervention (wie in England), 5. Kämpfen in Massenmedien, 6. Bewegung und Sport, 7. Beratung, 8. Befriedigende Evidenz mit Nikotinersatztherapie, 9. Telefonberatung, 10. Intervention am Arbeitsplatz, 11. ÄrztInnenausbildung in der Beratung, 12. Beratung durch Zahnärzte, 13. Beratung hospitalisierter Patienten und finanzielle Hilfen bei der Entwöhnung durch die Krankenkassen. Denn das Krankenhaus sei für den Raucher häufiger die Bilanzphase, in der er Veränderungsbereitschaft spüre. Raucherentwöhnung mit Nikotinersatz und Antidepressiva seien bei Patienten mit koronaren Herzkrankheiten – direkt nach Krankheitsbeginn (Herzinfarkt) erfolgreicher, da Nikotinsucht eine substanzbezogene Sucht sei und Lebensstieländerung zu den schwierigsten Dingen gehöre, die wir Menschen überhaupt leisten können. Die Kosten für die Raucherentwöhnung seien zudem für die Krankenkassen weitaus günstiger, als nur Krankheiten zu beheben. Im übrigen müsse man dem Patienten sagen, dass sie Nicht operiert werden können, wenn sie weiter rauchten. So verursachten Herzkrankheiten Kosten in Höhe von 35,4 Milliarden Euro pro Jahr. Ca. 60 % der Patienten seien Mitglieder der Rentenversicherung „Reha vor der Rente“ und ca. 30 % Rentner der Krankenversicherung „Reha vor Pflege“. Raucherentwöhnung  als Gruppentherapie auf gesprächspsychologischer Basis sei im übrigen besonders erfolgreich, da ein Patient selten aus Eigeninitiative handele. käme der Patient aus Eigeninitiative. So hätten z. B. ambulante Herzgruppen sehr wenig Weiterraucher. 90 % der COPD-Patienten seien Raucher und benötigten dringend den Halt der Gruppe.

„Hinter jeder Sucht stecke eine Sinnsuche“, sagte Prof. Dr. Jordan und berichtete von einer Patientin mit Raucherbein, die immer weiter rauchte. Nach einer Woche Psychotherapie, in der sie über die Frage nachdachte, warum sie rauchte und welche Person sie mit dem Rauchen verbände, kam es zu folgendem Ergebnis: Das Rauchen war für sie die innere Präsenz ihres verstorbenen Vaters, den sie nie gekannt hatte und über dessen Rauchverhalten sie nur von deren Mutter wusste. Ihr half eine komplizierte Multimodellbehandlung auf Motivationsbasis. Weiter rauchende Patienten müssen wissen, so Prof. Dr. Klör, dass sie nicht operierbar sind. Es sei notwendig, die gesellschaftliche Ursache für diese Gleichgültigkeit gegenüber den Gefahren des Rauchens zu finden. Im übrigen hätten Hauptschüler die höhere Raucherquote. Das Rauchen sei eben immer noch zu billig und Kautabak sei nicht harmlos.

Hierzu stellte Prof. Seppo Wickholm, Schweden, in seiner Bestandsaufnahme, die Entwicklung und Folgen des Absatz des Oraltabaks in Schweden vor. Er zeigte auf, dass es diesen Oraltabak, Snus genannte, in verschiedenen Stärken gäbe, er genau so süchtig wie Zigaretten mache und kam zu dem Ergebnis, dass er erheblich Karies und Zahnfleischschwund verursache und das Risiko für Krebs, besonders Magenkrebs, Herzinfarkt, Diabetes und Alkoholabhängigkeit erhöhe. Die Zahl Kautabaknutzer die zusätzlich rauchten und Alkohol zu sich nähmen, sei in den Jahren 1988 bis 2005 erheblich gestiegen, besonders bei den jüngeren Jahrgängen.

Wie sehr Nikotin und Tabakrauch der parodontalen Mundgesundheit schadet, stellte Dr. Gregor Gutschke, Koblenz, Fachpraxis Parodontologie, vor. So wird Parodontitis, der Verlust des ursprünglich gesunden Zahnhalteapparates, bereits 7 % der jungen Menschen hätten Anzeichen von Parodontose. Mittelschwere Parodontitis sei bei mehr als 50 %  der Deutschen erkannt worden. Zu beachten sei, dass Menschen mit Parodontitis ein 4-fach erhöhtes Risiko hätten, koronare Herzkrankheiten zu bekommen. Was sich besonders bei 80 % Senioren der Senioren zeige. Wie stark dosisabhängiges Rauchen die Parodontose verstärke zeige sich bereits bei jungen Erwachsenen im Alten von 35 –44 Jahren. Grund hierfür sei der, dass Tabakrauch die Durchblutung in der Stirn auslöse und Blutgerinsel in der Stirnhaut verursache.

Der Motor des Lernens sei das Belohnungssystem, auch mesolymbisches System genannt, erklärte FD. Dr. med. Thürauf, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Universtitätsklinikum Erlangen und informierte über die Potenz des Verstärkungssystems beim Experiement mit Nikotin, Alkohol, Kokain. Ausgehend davon, dass das mesolymbische System die Motivation zur Nahrungsaufnahme verstärke, so führe es auch Schritt für Schritt zur Sucht und zum Suchtdruck. Das ist vergleichbar mit Hunger und Durst. Das klassische Konditionierungssystem ähnele dem Pawlowschen System, bei dem ein Reizauslöser bei einem Hund bereits den Speichelfluss auslöse, weil er gelernt hatte, bei einem bestimmten Reizauslöser seine Nahrung zu bekommen. Und diese Auslöser im mesolymbischen System führe auch Rückfällen z. B. beim Alkoholiker, wenn er Alkohol sähe. Sensorische Wirkung auf Nikotin löse ähnliche Mechanismen aus, es sei ein andressiertes Verhalten. Da man dem Gehirn beim Lernen zuschauen könne, habe sich ein Fitnesscenter zu nutzte gemacht und ein Schild aufgehängt, auf dem Stand: „Wenn einer raucht, dann kommen wir mit dem Feuerlöscher.“ Mein Lernen spräche man auch von Habit Learning = Gewohnheiten, wie z. B. das Erlernen des Fahrradfahrens (Versuch + Irrtum) Primärverstärker, wie Durst, Hunger, Sex, seien angeboren. Sekundärverstärker seien Geld und Macht. Das Verlernen von Angewohnheiten sei ein aktiver Rhythmus. Die Wirkung von angenehmen und unangenehmen Gerüchen von z. B. Rosenduft bis zu 60 % CO² auf Zigarettensucht, seien getestet worden. Fazit: Je angenehmer der Vorreiz, je kleiner das geschilderte Verlangen nach Zigaretten. Abschließend verwies Dr. Thürauf auf 2 griechische Philosophen, die für entgegengesetzte Menschentypen stehen: Epikur und seine These „Das Leben ist Lust“ und Xenon mit seiner Überzeugung: „Das Leben ist Pflicht“.

Gerda Cromberg

Ansprechpartnerin der Kooperationspartner, Deutsche Atemwegsliga, AG Lungensport in Deutschland, Dt. Gesellschaft f. Nikotin- und Tabakforschung und des Ärztl. Arbeitkreises Rauchen.

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